Den Finger rühren

In jener Zeit sprach Jesus zum Volk und zu seinen Jüngern und sagte:
Auf dem Stuhl des Mose sitzen die Schriftgelehrten und die Pharisäer. Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach ihren Taten; denn sie reden nur, tun es aber nicht. Sie schnüren schwere und unerträgliche Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, selber aber wollen sie keinen Finger rühren, um die Lasten zu bewegen. (Mt 23,1-4)

In seiner Kritik sagt Jesus, dass Menschen schwere Lasten tragen und dass man nicht bereit ist, auch nur einen Finger zu rühren, um sie zu tragen.
Nun könnte man natürlich der Kritik Jesu entgegenhalten, dass, wenn doch das Bewegen eines Fingers eine so kleine Sache ist, es doch keinen Unterschied machen kann, ob wir ihn bewegen oder nicht?
Um darauf eine Antwort zu finden, kann es helfen, dem Wort „Finger“ in der Bibel zu folgen.
Es ist ein seltenes Wort im Neuen Testament.
Im Matthäusevangelium kommt es nur ein einziges Mal vor.
Aber es kommt auch bei Lukas und Johannes vor.
Im Lukasevangelium kommt „Finger“ vor, wenn Jesus zur Menge spricht.
Er sagt: „Wenn ich aber die Dämonen durch den Finger Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes schon zu euch gekommen.“ (Lk 11,20)
Hier ist das Wort „Finger“ nicht unser Finger oder gar der Finger Jesu, es ist Gottes Finger.
Wenn wir diesen Abschnitt über Gottes Finger zusammen mit der Stellebei Matthäus über unseren Finger lesen, werden wir daran erinnert, dass Gott fähig und willens ist, durch unsere Taten zu handeln.
Wenn das der Fall ist, kann bereits eine kleine Aktion unsererseits von großer Bedeutung sein.
Das Wort „Finger“ kommt auch im Johannesevangelium vor. Jesus verwendet es, als er Thomas anspricht. Er sagt:
„Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ (Joh 20,27)
Hier ist der Finger eine Hilfe zum Glauben.
Wenn wir diesen Gedanken mit dem heutigen Evangelium verbinden, scheint das Wort Finger auszudrücken, dass wir Christus näherkommen, wenn wir unseren Finger bewegen, um einem anderen zu helfen, denn wenn wir einen anderen berühren, berühren wir Christus selbst.
Daher kann unser Handeln enorme Konsequenzen haben. Es kann auch unseren eigenen Glauben vertiefen und stärken.
Unser Handeln mag zu klein erscheinen, um einen Unterschied zu machen.
Aber wenn Gottes Gnade mit uns ist, könnte nur eine kleine Anstrengung unsererseits manche Situation ändern und rettend wirken.