Maria – Mutter der Kirche

Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben: Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon, der Zelot, sowie Judas, der Sohn des Jakobus. Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern. (Apg 1,13-14)

Nach der Himmelfahrt Jesu zeigt uns die Apostelgeschichte die im Abendmahlssaal versammelten Apostel.
Sie sind einmütig im Gebet versammelt, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern, so heißt es dort. (Apg 1,14).
In dieser Szene kann man die mütterliche Rolle, die Maria für die gesamte Kirche übernimmt, erkennen.
Maria vereint in ihrer Person zwei Schlüsselmomente der Heilsgeschichte:
die Menschwerdung des göttlichen Wortes und die Geburt der Kirche. So wird diejenige, die im Mysterium Christi als Mutter gegenwärtig ist, im Mysterium der Kirche gegenwärtig. Auch in der Kirche ist sie weiterhin eine mütterliche Präsenz.
Das Leben einer Mutter ist von der Geburt ihres Kindes an auf ihr Kind ausgerichtet.
Sie hat die Verantwortung, über das Geschenk zu wachen, das Gott ihr gegeben hat.
Ein Neugeborenes hat ein großes Bedürfnis nach seinem Schutz; und wenn das Kind erwachsen wird, hilft die Mutter ihm bei den Schritten im Leben, sofern das Kind das zulässt.
Das Evangelium zeigt uns an vielen Stellen etwas von der Fürsorge, die Maria Jesus schenkte.
Und in der Apostelgeschichte sehen wir die gleiche Sorge um die entstehende Kirche, als Maria über die Apostel und die ersten Christen wacht, als sie die junge Kirche zum Gebet zusammenhielt.
Maria betet mit der ersten Gemeinde.
Sie, die Lehrerin des Gebets, immer offen für die sanfte Stimme Gottes, lehrt die Jünger, vertrauensvoll auf das Geschenk zu warten, das von oben kommt:
den Geist, den Jesus als Frucht seines Todes und seiner Auferstehung versprochen hat.
So wie der Geist in der Menschwerdung in ihrem jungfräulichen Schoß den physischen Leib Christi geformt hatte, so kommt der Geist im Abendmahlssaal, um seinem mystischen Leib Leben zu geben.
Maria hat das Wirken des Heiligen Geistes bereits erlebt. Seiner schöpferischen Kraft war es zu verdanken, dass sie eine jungfräuliche Mutter werden konnte.

Aber „es war angebracht, dass die erste Ausgießung des Heiligen Geistes auf sie, die im Hinblick auf ihre göttliche Mutterschaft geschehen war, wiederholt und verstärkt wurde.“
Tatsächlich wurde Maria am Fuße des Kreuzes eine neue Mutterschaft anvertraut, die die Jünger Jesu betraf. Gerade diese Mission erforderte eine erneute Gabe des Geistes.
Benedikt XVI. hat einmal formuliert, dass „es keine Kirche ohne Pfingsten und kein Pfingsten ohne die Jungfrau Maria gibt“ (Regina Coeli, 23.05.2010).
Tatsächlich ist Maria in ihrer tiefen Demut und jungfräulichen Liebe zur Braut des Heiligen Geistes geworden.
Durch ihren Glauben, ihre Hoffnung und ihre Liebe ist Maria ein Prototyp der Kirche.
Sie ist so entäußert und so voller Liebe für den Willen Gottes, dass der Heilige Geist sich freut, ständig Gnaden auf ihre Seele auszugießen und ihre Gebete für die frühe Kirche zu begleiten.
Diese Erfahrung des Gebets mit Maria, um den Heiligen Geist anzurufen, gehört nicht der Vergangenheit an.
Wo immer sich Christen zum Gebet mit Maria versammeln, gibt der Herr seinen Geist.
Wir dürfen den Mut und das Vertrauen haben, unser Gebet in Gemeinschaft mit der Jungfrau Maria immer wieder zu erneuern.
Bitten wir sie, für uns vor Jesus hinzutreten, damit sie sich wie bei der Hochzeit in Kana an ihren Sohn wendet und sagt: „Sie haben keinen Wein mehr.“
Mit ihrer kraftvollen Fürsprache möge sie ein zweites Pfingsten in unseren Seelen und in der gesamten Kirche entfachen.

Die Liebe Gottes in unserem Leben

Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! (Joh 20,12-22)

„Wehmütig grüßt der, der ich bin, den, der ich sein möchte.“
Liebe Schwestern und Brüder,
Dieses Zitat, dass in den unterschiedlichsten Varianten mehreren Autoren neben Søren Kierkegaard zugeschrieben wird, kann uns wohl ganz gut in unsere Überlegungen am Pfingstfest hineinführen.
„Wehmütig grüßt der, der ich bin, den, der ich sein möchte.“
Okay, das mag morgens am Spiegel schon manchmal beginnen.
Aber da ist das Problem ja noch relativ einfach lösbar.
„Wehmütig grüßt der, der ich bin, den, der ich sein möchte.“ Das wird bei etwas tiefgründigerer Betrachtung existenzieller und bedeutsamer.
Wir alle haben eine Vorstellung davon, wie unser Leben verlaufen soll.
Was aber, wenn die Realität davon abweicht?
Die knappe Antwort von Pfingsten lautet: „Gott passt sich an!“
Sich an die Bedürfnisse des anderen anzupassen, ist ein tiefes Zeichen von Liebe.
 
Und genau das tut Gott für uns.
Genau das feiern wir am Pfingstfest.
An Pfingsten feiern wir das Geheimnis, dass und wie die Liebe Gottes in unser Leben kommt.
Pfingsten ist der Abschluss der Osterzeit.
Wir haben bereits Jesu Sterben, seine Auferstehung und seine Himmelfahrt gefeiert.
Aber all diese kraftvollen Erlösungstaten sind nutzlos, wenn sie keinen Einfluss auf unser Leben haben.
Wenn wir die Wirkungen des Todes und der Auferstehung Jesu nicht in uns tragen können, ist die ganze Kraft und Gnade des Ostergeheimnisses verschwendet.
Am Pfingstfest, feiern wir die Tatsache, dass Gott uns seinen eigenen hl. Geist gegeben hat, um die Kraft der Auferstehung Jesu in unserem Leben wirksam werden zu lassen, ja geradezu zu entfesseln.
Jesus haucht im Evangelium die Jünger an und sagt: „Empfangt den Heiligen Geist.“
Es ist Gottes eigener Geist, der dafür sorgt, dass sich die Wirkung der Auferstehung an unsere Lebensumstände anpasst.
Es ist wohl kein Zufall, dass sich viele der großen Mystiker der christlichen Tradition den Geist Gottes als einen Kuss vorgestellt haben.
Gottes Geist ist der Ort, an dem die Liebe Gottes unser Leben berührt.
Der Geist Gottes ist in dieser Hinsicht flexibel.
Er ist fließend und kann sich an unsere persönlichen Bedingungen anpassen.
Der Geist Gottes formt sich neu, um sich den Konturen unseres Lebens anzupassen.
Die gute Nachricht von Pfingsten ist, dass es keinen Ort und keine Situation gibt, keinen Winkel unseres Lebens, in den und in die der Geist Gottes nicht kommen kann.
Ist irgendwo im Leben Umkehr nötig?
Der Geist Gottes kommt und fordert zur Umkehr auf und stärkt dazu.
Ist irgendwo die Trauer groß geworden?
Der Geist Gottes kommt in unsere Trauer und pflanzt einen Samen der Hoffnung.
Ist Lebensfreude abhanden gekommen?
Ist alles gewöhnlich und routinemäßig geworden?
Der Geist Gottes kommt in unser Herz und öffnet unsere Augen, um das Wunder der Schöpfung zu sehen.
Gibt es Erfahrungen von Ablehnung und Zurückweisung? Der Geist Gottes hält unser Herz und schenkt uns Zuversicht, dass die Zukunft für uns Anerkennung bereithält.
Gottes Geist kommt in all unsere Ängste hinein und öffnet unser Herz, um jeden Tag zu leben und uns neu Gott anzuvertrauen.
Es gibt keinen Ort, an den der Geist Gottes nicht kommen kann.
Es gibt keine Lebenssituationen, in die der Geist Gottes nicht eindringen kann.
Die gute Nachricht von Pfingsten ist, dass Gott die Kraft des Todes und der Auferstehung Jesu annimmt und sie an die Bedingungen unseres Lebens anpasst.
Das ist Gottes Versprechen.
Das ist Gottes Absicht.
Das ist Gottes Geschenk.
Um sicherzustellen, dass der Atem des Heiligen Geistes zu jeder Zeit und an jedem Ort immer in unser Leben gelangt.
Und wenn wir auf dieses Geschenk Gottes an uns schauen, so müssen wir auch bedenken, was Jesus bei der Übergabe dieses Geschenkes vorausgeschickt hat:
Er sagte:
„Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“
Das heißt:
Behaltet das Geschenk Gottes, behaltet seinen heiligen Geist, behaltet, die Liebe, die er in euer Leben hineingegeben hat, behaltet die Barmherzigkeit, die er euch hat zuteilwerden lassen, nicht für euch.
Der Glaube ist mehr als ein Trost und ein Heilsversprechen oder ein persönliches Geschenk.
Der Glaube ruft uns dazu auf, uns den Herausforderungen unserer Zeit zu stellen.
Der Ruf: „Sende aus deinen Geist und das Antlitz der Erde wird neu“ ist uns geläufig, gerade an Pfingsten.
Christus lädt uns ein, an dieser Erneuerung mitzuwirken.
 
Mutter Teresa hat das sehr eindrücklich in einem Gebet formuliert:
„O Jesus! Hilf mir, Deinen Wohlgeruch zu verbreiten, wohin ich auch immer gehe.
Lass mein Herz überfließen von Deinem Geist und Deinem Leben. Dringe ein in mein innerstes Sein, und nimm so davon Besitz, dass mein Leben der Widerschein Deines Lebens sei.
Leuchte durch mich hindurch, und nimm auf solche Weise von mir Besitz, dass jede Seele, mit der ich zusammenkomme, Deine Gegenwart in mir spüren kann. Nicht mich sollen sie sehen, sondern Dich in mir.
Bleibe in mir, so dass ich durch dein Licht strahle und mein Licht die Anderen erleuchten kann.
All mein Licht wird von Dir kommen, o Jesus.
Nicht einmal der kleinste Strahl wird von mir sein.
Du wirst durch mich die anderen erleuchten.
Lege in meine Lippen das Lob, das Dir am meisten gefällt, und erleuchte andere, die um mich herum sind, so, dass ich Dich nicht mit Worten preise, sondern mit dem Beispiel meiner Taten, mit dem sichtbaren Glanz der Liebe, die von Dir in mein Herz kommt.“

Osterangst?

Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben. Am ersten Tag der Woche kamen sie in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging. Sie sagten zueinander: Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen? Doch als sie hinblickten, sahen sie, dass der Stein schon weggewälzt war; er war sehr groß. Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem weißen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr. Er aber sagte zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier. Seht, da ist die Stelle, wohin man ihn gelegt hat. Nun aber geht und sagt seinen Jüngern und dem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat. Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemandem etwas davon; denn sie fürchteten sich. (Mk 16,1-8)

Wir alle kennen die Osterfreude und ich hoffe, dass Sie in diesen Tagen, vor allem natürlich auch vermittelt durch die österlichen liturgischen Feiern bei Ihnen ankommt und Sie davon erfüllt werden.
Aber gibt es eigentlich auch das Gegenteil von Osterfreude – Osterangst?
Angst vor Ostern, oder Angst an Ostern?
Eine Frage, auf die mich das heutige Evangelium gebracht hat.
Im Auferstehungsbericht des Evangelisten Markus ist sehr wenig Freude zu finden.
Die Frauen kommen eher sorgenvoll zum Grab. (Wie sollen wir nur den Stein wegbekommen?) Dann gehen sie in das schon offenstehende leere Grab. Aber sie brechen nicht in Jubel aus, sondern es heißt „Sie erschraken sehr.“ Und am Schluss des heutigen Evangeliums findet die „Osterangst“ ihren Höhepunkt, wenn es da heißt: es: „Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemand etwas davon; denn sie fürchteten sich.“ Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt!
Sie fliehen aus dem Grab und sagen niemandem etwas, weil sie Angst haben.
Diese Angst, dieses Entsetzen am und vor dem leeren Grab mag zunächst rätselhaft sein.
Aber bei näherer Betrachtung enthält genau das eine zentrale Botschaft von Ostern.
Die Frauen hatten Angst, denn sobald sie erkannten, dass Jesus auferstanden war, wurde ihnen auch klar, dass sich ihr Leben ändern musste.
Sobald sie sahen, dass das Grab leer war, wussten sie auch, dass alles, was Jesus sie gelehrt hatte, zuverlässig und wahr war, dass Gott lebte, dass das Leben mächtiger war als der Tod und dass sich das in ihrem Leben widerspiegeln musste.
Wir befinden uns in einer ganz ähnlichen Situation wie die Frauen am Grab.
Wenn wir nicht an die Auferstehung glauben, wenn wir davon ausgehen, dass die Botschaft Jesu falsch oder fehlgeleitet ist, können wir nach Hause gehen und niemand wird viel von uns erwarten. Aus die Maus, Klappe zu, weiter wie bisher!
Aber in dem Moment, in dem wir die Botschaft glauben, dass Christus auferweckt wurde, dass Gott jetzt durch Christus in der Welt wirkt, – in diesem Augenblick müssen wir zugeben, dass die Menschen, die uns begegnen, Gott in uns entdecken sollten. Dass sie zumindest eine Ahnung von ihm durch unser Leben und Wirken erhalten sollten.
Und da kommt die Angst ins Spiel.
Denn eine solche Berufung ist eine gewaltige Verantwortung.
Aber an dieser Verantwortung, an dieser Angst führt kein Weg vorbei.
Die Frauen am Grab erinnern uns daran, dass wir, wann immer wir dem Leben, wann immer wir Christus in unserem Leben begegnen, nicht nur Freude, sondern auch Angst, nicht nur Gnade, sondern auch Verantwortung begegnen.
Gibt es in unseren tiefsten Momenten der Freude nicht immer einen Anflug von Angst?
Wenn wir erkennen, dass uns in unserer Arbeit oder Karriere neben unserer Freude eine enorme Chance gegeben wurde, besteht dann nicht der Zweifel: „Bin ich dieser Herausforderung wirklich gewachsen?“
Wenn Eltern ein neugeborenes Kind zum ersten Mal in den Armen halten und von der Freude, die ihnen geschenkt wurde, überwältigt sind, – können sie dann nicht schon mitten in dieser Freude ein Flüstern hören, das fragt: „Bist du weise genug, bist du mutig genug, bist du liebevoll genug, um dieses Kind ins und durchs Leben zu begleiten?“
Diese Angst inmitten der Freude erinnert uns unter anderem daran, dass das Leben eine Herausforderung ist. So sehr das Leben ein Segen, eine Freude ist, so sehr beinhaltet es auch Verantwortung. Es fordert uns auf, das, was uns gegeben wurde, so gut wie möglich zu leben.
Wie gehen wir mit dieser Angst um?
Wie finden wir selbst in unserer Freude den Mut, davon auszugehen, dass wir leben können, was von uns verlangt wird? Nur indem wir uns aufeinander und vor allem auf Christus verlassen. Wir kommen immer wieder als Volk Gottes zusammen, teilen die gleichen Ängste und stehen zumindest im Gebet füreinander ein.
Die Ängste, in den Aufgaben, die uns das Leben stellt gut genug zu sein, tragen wir gemeinsam vor Gott.
Wir teilen die Ängste, ob wir als Christen, als Menschen, die von Christus erlöst sind, ob wir unserer Verantwortung als Christen im persönlichen wie im gesellschaftlichen Leben, im Leben und Wirken in kirchlichen Gemeinden, Verbänden und Gremien gerecht werden.
Wir legen diese Ängste gemeinsam vor Gott und lassen sie von ihm wandeln.
Wir stehen in dieser Nacht zusammen in dem Wissen, dass wir trotz all unserer Ängste und Zweifel immer noch Gottes Barmherzigkeit und Gottes Liebe beanspruchen dürfen und können.
Diese Mischung aus Freude und Angst ist das wahre Zeichen eines Jüngers.
Wenn wir am Osterfest nicht zumindest ein bisschen Angst hätten, verpassten wir möglicherweise die Fülle der Osterbotschaft.
Denn die Osterbotschaft besagt, dass Gott eine Wirklichkeit in unserem Leben ist, mit der wir rechnen müssen und dürfen.
Christus ist auferstanden. Das Leben ist stärker ist als der Tod und das muss und das darf unser Leben zeigen.
Ja, das mag erschreckend sein.
Aber in allem, was einen Wert hat, steckt auch etwas Angst. Daher dürfen wir in der Osternacht gemeinsam die Angst zur Freude hin überwinden.
Wir dürfen unsere Zweifel zugeben, uns aber dennoch dafür entscheiden, zu glauben.
Lasst uns unser Leben mit all unseren Unvollkommenheiten zusammenführen und dennoch furchtlos verkünden:
„Christus ist auferstanden – Er ist wahrhaft auferstanden.“ Halleluja!“

Gründonnerstag

Als Jesus ihnen die Füße gewaschen, sein Gewand wieder angelegt und Platz genommen hatte, sagte er zu ihnen: Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe. (Joh 13,12-15)

Begreift ihr, was ich an euch getan habe?
Das, liebe Schwestern und Brüder ist eine Frage, die uns in Atem hält. Es scheint eine Reflexion zu erfordern, eine Rückschau auf die erhaltenen Geschenke, bei der darauf geachtet werden muss, dass nichts ausgelassen wird.
Die Antwort, die wir geben, verrät, wo wir wirklich stehen, was wir bemerkt haben, worauf wir geachtet haben, wo unser Hauptaugenmerk liegt. Unsere Antwort offenbart die Welt, in der wir leben.
Vielleicht waren wir zu beschäftigt, um zu erkennen, was Gott, was Christus für uns getan habt. Wir neigen dazu, uns in die Welt des Gebens und Nehmens zu verstricken, während wir ganz unbemerkt unsere Kräfte verschwenden.
Wir müssen in einer Welt, die uns immer fünf Schritte voraus zu sein scheint, ständig hinterherhecheln, darauf achten, dass wir hinterherkommen. Die Welt des Habens, Nutzens und Entsorgens. Wir verlieren die Fähigkeit, etwas in Ruhe wahrzunehmen. Dort präsent zu sein, wo wir sind, und auf die oft sehr zarten und unauffälligen Zeichen um uns herum zu reagieren, auf die Möglichkeit, dass Gott in unserer Nachbarschaft wohnen könnte.

Die Frage Jesu ist eine sehr persönliche. Er auf der einen Seite – Ich auf der anderen.
Er fragt nicht nach einer Theologie der Versöhnung, nicht nach Abstraktionen, nach Allgemeinplätzen oder Ausreden. Er zieht die Vorhänge der Verheimlichung und Selbstbezogenheit beiseite.
Er liebte die Seinen die in der Welt waren und er liebte sie bis zum Ende.
Und er stellt uns ganz direkt die Frage: „Ist dir klar, was ich für dich getan habe?“Vielleicht ist die Herausforderung, die in dieser Frage steckt, schon in sich ein Geschenk, das uns die Augen für das öffnet, was wir sonst verpassen würden.
Haben wir Momente erlebt, in denen die Gegenwart und Berührung durch Christus wahrgenommen haben und vielleicht sogar gespürt haben, dass sie befreiend war?
Ein inneres Gefühl, aus seinem Geist zu leben?
Ein Erkennen der Verbindung unseres Lebens mit dieser Bewegung, von Gott gekommen zu sein und zu Gott zurückzukehren? Ein Erspüren der Erkenntnis, dass wir bereits von Gott umgeben waren, bevor wir uns dessen überhaupt bewusstwurden?
Sobald wir erkennen, wie Christus uns im Leben begegnet, beginnen wir, ihn überall zu sehen.
Wir erkennen oft nicht, was er für uns getan hat und tut, weil er nicht so ist, wie wir ihn erwarten. Er tut nicht das, womit wir rechnen. Er wäscht unsere Füße!
Unsere Füße sind der unscheinbarste Teil unseres Körpers. Nur sehr begrenzt nutzbar (nur zum Gehen und Stehen); manchmal ziemlich hässlich und verbogen. Wir können damit keine einzigartigen künstlerischen Fähigkeiten ausüben. Sie sind der unterste Teil unseres Körpers. Aber unsere Füße sind das, was uns mit der Erde verbindet. Und genau diese Füße wäscht Jesus. Den Teil von uns, der am wenigsten einzigartig oder besonders, am wenigsten hervorstechend ist. Wir erwarten nicht, ihn dort in einem sehr persönlichen und privaten Dienst für uns zu finden.
An dieser Stelle demonstriert Jesus in aller Öffentlichkeit, dass er sich mit uns identifiziert.
„Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir.“ Wo enden wir und wo beginnt Christus?
Erkennen wir, was er für uns getan hat?
Es ist kein großer gedanklicher Schritt, den engen Zusammenhang zwischen der Fußwaschung und der Eucharistie zu erkennen.
Unsere Teilnahme an der Eucharistie bedeutet, dass Christus unser Leben wäscht und reinigt, dass er in jede Pore unseres Lebens eindringt, bis wir zur vollen Erkenntnis unserer Einheit mit ihm und untereinander gelangen. „Du verstehst es jetzt nicht.“
Es entgeht uns also offenbar immer noch.
Wenn wir erkennen, was er tut, werden wir verstehen, dass wir nicht anders handeln können als Christus. Er ist unser Vorbild und Beispiel. Wir kommen nur sehr zögerlich und langsam in die Leichtigkeit und Selbstvergessenheit hinein, die die Demut Christi in denen erweckt, die ihn kennen und erkennen.
Wir werden erst erkennen, was er getan hat, wenn wir feststellen, dass wir so handeln wie er.
„Das ist mein Leib, der für Euch hingegeben wird.“

Vom Glauben zum Schauen

Das Tagesgebet am Hochfest der Erscheinung des Herrn lautet:
„Allherrschender Gott, durch den Stern, dem die Wiesen gefolgt sind, hast du am heutigen Tag den Heidenvölkern deinen Sohn geoffenbart. Auch wir haben dich schon im Glauben erkannt. Führe uns vom Glauben zur unverhüllten Anschauung deiner Herrlichkeit.“
In der Bitte um die Anschauung seiner Herrlichkeit hört man deutlich: „denn glaubend gehen wir unseren Weg, nicht schauend“ (2 Kor 5,7). Als Glaubende sind wir noch nicht am Ziel, sondern – wie die Weisen aus dem Morgenland – auf dem Weg zur Anschauung Gottes.
Erst wenn wir vom Glauben zum Schauen gekommen sind, haben wir unser Ziel erreicht: die ewige Seligkeit im Schauen des dreieinen Gottes.
Der Glaube ist kein Schauen. Aber der Glaube ist ein Licht, das uns leuchtet. Durch den Glauben besitzt derjenige, der glaubt, schon anfanghaft, was ihm bei der Anschauung Gottes, dem Ziel seines Lebensweges, vollendet geschenkt wird.